Es gibt schöne und traurige Erinnerungen. An die dazwischen erinnert man sich ja nicht so recht. Heute ist ein Tag mit traurigen Erinnerungen für mich. Vor einem Jahr musste mir meine Frauenärztin sagen, dass ein kleines Herz nicht mehr schlägt. Es war mein 2. Termin und ich war sehr aufgeregt. Ich hoffte, dass alles in Ordnung ist. Ein ungutes Gefühl hatte sich in mir breit gemacht. Da ich aber durchaus häufiger ein ungutes Gefühl habe, wenn es um wichtige Dinge geht, und dies nicht immer etwas zu bedeuten hat, war ich noch voll guter Gedanken.
Doch als ich auf der Liege lag, mit einem glibberigen Bauch und einen grauen Bildschirm betrachtete, musste ich die furchtbaren Worte hören. Mein noch sehr kleines Kind war gestorben. Es war vor der "magischen Grenze" von 12-13 Wochen. Bis dahin ist das Risiko recht hoch, dass man aus irgendwelchen Gründen das Kind verliert. Unser Grund konnte nicht ermittelt werden.
Ich hatte es schon den wichtigsten Menschen in meinem Leben gesagt, dass ich schwanger war. Warum auch nicht? Es war ja eine freudige Sache. Keiner von ihnen hatte bisher eine Fehlgeburt, jedenfalls soweit mir bekannt ist. Nun also die traurige Nachricht überbringen. Es war eine schmerzhafte Zeit. Körperlich, als auch seelisch.
Eine damalige Freundin von mir reagierte allerdings sehr seltsam. Sie erfuhr es durch Zufall, dass ich schwanger war, und war anscheinend enttäuscht, dass ich es ihr nicht selbst gesagt hatte. Anstatt mir zu gratulieren, mahnte und erinnterte sie mich in den folgenden Wochen jedoch häufig daran, dass man ja eine Fehlgeburt haben könne, sie hätte es nie so früh gesagt etc. Es war gar nicht nett, und schon gar nicht das, was man einer Neu-Schwangeren sagen sollte, wie ich finde. Nunja, ich distanzierte mich von ihr, da man Stress während der Schwangerschaft vermeiden soll. Und diese Frau war eindeutig der Stress in Person. Anscheinend hatte sie aber den bösen Blick, denn ich hatte die Fehlgeburt. Seitdem hatte ich nur sporadischen Kontakt zu ihr. Von der neuen Schwangerschaft hatte ich ihr nichts erzählt, denn sowas wollte ich mir nicht noch einmal antun. Nein Danke.
Meine Schwester hatte es damals auch ihrer Tochter erzählt. Im Prinzip habe ich nicht viel zu tun mit meiner Nichte. Aber sie freute sich sehr, dass da ein neues Baby kommt! Als sie dann von der Fehlgeburt hörte, war sie sehr sehr traurig. Sie malte und schrieb uns einen Brief. Damals war sie in der 1. Klasse.
Ich finde es sehr schön, dass dieses Kind nicht nur von mir und dem Babypapa geliebt wurde, sondern auch von anderen Personen. Es war ein kleines junges Leben, das zu früh gegangen ist. Ich hätte es gern wachsen sehen und liebkosen wollen.
Aufgrund dieser Erfahrung hatte ich bei meiner jetzigen Schwangerschaft natürlich besonders viel Angst am Anfang. Es ist für Menschen ohne diesen Schicksalsschlag schwer, dies zu verstehen. Man vergleicht, analysiert, bangt. Du bist froher Hoffnung und dennoch weißt du, wie schnell diese vorbei sein kann, wie schnell deine Welt zusammenbricht. Wenn Freunde sagen "Das passiert nicht nochmal, es wird alles gut", kannst du es nicht genießen. Du weißt, wie grausam das Leben sein kann. Diese Erinnerung werde ich immer haben.